Ansichtskarten. Gedichte zur Reisezeit

"Rosa Schweine / Auf der Wiese. / Sonne: keine. / Viele Grüße."
 (Kurt Bartsch)

Schreibnacht online am 29. Juli 2021

Wie halten Sie es mit Ansichtskarten? Kaufen Sie sich einen bunten Packen und erfüllen die Erwartungen der daheimGebliebenen? Oder lassen Sie lieber schweigend fünf gerade sein?

Verkürzen sich die Urlaubsgrüße zu SMS-Nachrichten, machen Sie Selfies am Strand oder posten Sie täglich Bilder vom Büffet, so dass Ihre Fotos von Sonne, Meer und Wohlergehen sekundenschnell um die halbe Welt fliegen? Wie auch immer, in der Schreibnacht gibt es eine Menge Ansichten in und zu poetischer Post.

Lyrische Postkarten oder Reisen in die Erinnerung

"Wenn einer fort ist, gibt es Ansichtskarten / Und ab und zu mal einen dicken Brief." Die Post aus der Ferne taucht als Motiv auch in der Lyrik auf. Beispielsweise in den gerade zitierten Versen von Mascha Kaléko. Gottfried Benns Gedicht "Jena" beginnt mit einer Erinnerung an die Postkarte der Mutter, die aus ihrer Kur an der Saale schrieb. Von Rolf Bongs stammt ein "Brief aus Aegina". Wie sich die Sicht auf die Welt wandelt, liest man bei Reiner Kunze: "Die welt wird verglichen / mit den ansichtskarten".

Bei Wolf Wondratschek ist es eine Reise in die Vergangenheit, die veränderte Perspektiven zeigt. Der Dichter zieht "in den alten Autos" Bilanz. Der Weg in den Süden, in die vermeintliche Freiheit, ist zum bloßen Andenken geworden. Die Reiseziele sind vergessen. Dabei sind es nicht nur die in die Urlaubsgefilde, sondern auch die Ideale einer Generation, überhaupt die Ziele einer Lebensreise.

Gedichte als Flaschenpost

"Die Fahrten gehn zu Ende, / der Fahrtenwind bleibt aus", dichtet Ingeborg Bachmann. Ihre bebilderten Karten sind Spielkarten, doch ob sie Gewinn bringen? Das Kartenhaus kann genauso leicht in sich zusammenfallen.


Für Paul Celan sind die Gedichte selbst unterwegs. Er vergleicht sie, als er 1958 den Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen entgegennimmt, mit einer "Flaschenpost [...], aufgegeben in dem – gewiß nicht immer hoffnungsstarken – Glauben, sie könnte irgendwo und irgendwann an Land gespült werden, an Herzland vielleicht."

Auf, in der Schreibnacht Ansichtskarten geschrieben, die gut ankommen!

Eine "Postkarte vom Herbst" – auch sie ist möglich. Karl Krolow führt Sie mit seiner lyrischen Post an die Ränder der Welt: "Am Horizont / eine Stadt aus dem alten China: / Gewölk, das Papierdrachen / anzieht." Bestimmen Sie selbst, auf welche Reise Sie sich begeben und wie Sie davon Kunde tun.

In der Schreibnacht am Donnerstag, den 29. Juli 2021, bietet sich dafür gute Gelegenheit. Sie sind herzlich "zum regen Schriftverkehr" eingeladen!

Falls Sie noch organisatorische Details und Informationen zur Anmeldung brauchen, finden Sie diese auf der Startseite zur Schreibnacht.  Zur direkten Buchung geht es gleich hier:

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