Peter Huchel

Signaturen der Landschaft

"Unter der blanken Hacke des Mondes" (Peter Huchel) → Aktuell am 10. Februar 2021

"Eisvogel schwerer über dem Havelsee" beginnt Marie Luise Kaschnitz ihre Hommage an Peter Huchel und schließt ihr Gedicht: "Nachgeht mir dein Elend / Dein Traum." Der Dichterfreund in der DDR stand seit 1963 unter Hausarrest, der erst 1971 mit der Ausreise in den Westen endete.

Peter Huchel, 1903 in Großlichterfelde / Berlin geboren, unternahm seine ersten lyrischen Versuche bereits 1918. "Die neunte Stunde" war seine letzte Publikation, die 1979, zwei Jahre vor seinem Tod, erschien. Obwohl Huchel also rund 60 Jahre als Lyriker wirkte, überschatteten die Jahre 1949 bis 1962 seinen dichterischen Werdegang. Seine Rolle als Chefredakteur der anspruchsvollen und nach Westen hin offenen Literaturzeitschrift "Sinn und Form" brachte ihm im strikten System der DDR Probleme ein.

Jahrelanger Hausarrest für Peter Huchel

Der SED-Führung war Huchel zu wenig auf ein sozialistisches Kulturprogramm bedacht. Eine erste Kündigung seiner verantwortlichen Stelle bei "Sinn und Form" wurde durch die Intervention Bertolt Brechts zurückgezogen. Doch nach dessen Tod 1956 sah sich der Lyriker verstärkt Angriffen ausgesetzt und musste 1962 die Leitung der Zeitschrift abgeben. Isoliert und überwacht lebte Huchel in seinem Haus in Wilhelmshorst.

Reiner Kunze, selbst als Staatsfeind eingestuft, besuchte Huchel. "Überlebensgespräche" nennt er die Begegnungen mit dem Freund und Vorbild: "Wir sind meistens spazierengegangen und haben offen miteinander gesprochen. Oder geschwiegen. Beides, das Sprechen wie das Schweigen mit Huchel, gehört für mich zu den wegweisenden Erinnerungen in meinem Leben."

Publikationen in der BRD und Huchels Ausreise

Im Westen wurden derweil Bücher von Peter Huchel veröffentlicht, 1963 "Chausseen Chausseen", 1967 "Die Sternenreuse". Die Preise und Ehrenmitgliedschaften standen im krassen Gegensatz zur Demütigung im eigenen Land. "Du lass dich nicht verhärten [...] // Du lass dich nicht verbittern [...]", sprach Wolf Biermann dem Kollegen 1968 in einem Lied Mut zu.

Der Ausreise aus der DDR - schließlich auch auf Druck des Internationalen PEN-Zentrums - folgte zunächst ein Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom, bevor sich Peter Huchel 1972 in Staufen / Breisgau niederließ. Dort starb er 1981 nach langer Krankheit.

Die Bildersprache Peter Huchels

Huchels Lyrik ist an die märkische Landschaft gebunden. Er wuchs auf dem Bauernhof des Großvaters auf. Früh erkannte er bei den gemeinsamen Streifzügen, dass die Natur nicht mehr heil war. Der Mensch machte sie sich zunehmend nutzbar.

"Es war nur zu natürlich, daß sich in mir ein großer Vorrat an ländlichen Bildern, Vokabeln, Begriffen und Metaphern sammelte, ein Vorrat von dem ich noch heute zehre." Bei der Verleihung des Lessing-Ringes 1974 nahm Huchel ausführlich auf seine Herkunft und Wurzeln Bezug.

"Meine geistige Mitgift, eine Mischung aus Halbbildung und Vulgäraufklärung, fand ich im Bücherschrank meines Großvaters. [...] Auf der Universität holte ich nach, las Trakl und Kafka, las Freud und die 'Spuren' von Bloch. Eine neue Welt tat sich mir auf, als ich die Mystiker entdeckte, vor allem Jacob Böhme. Von Francis Bacon übernahm ich als Leitwort: 'Wenig Wissen jagt die Götter fort, mehr Wissen bringt sie wieder zurück.'"

Keine Idylle, sondern die soziale Umwelt und Zerstörung der Landschaft im Blick

Die poetischen Bilder, bei Peter Huchel zu Chiffren geworden, sind knapp, Idylle und Romantik fehlen. Gegenständlichkeit und Detail rücken beim Lesen vors Auge. In sich abgegrenzte, aber überlagernde Bildebenen warten auf Verknüpfung und gehen über das reine Naturbild hinaus. Die soziale Umwelt wird sichtbar, die Zerstörung der Landschaft wie die der Menschen: durch den Krieg, durch die politischen Gegebenheiten.

1963 in "Chausseen Chausseen" veröffentlicht, heißt es in einem Gedicht über Schwäne: "Sie fliegen auf / Die winterbösen Majestäten./ Es pfeift metallen." In einem Text von 1933 ('Späte Zeit") war die Gefahr nicht minder präsent: "Eicheln wie Patronen. // Herbst schoss seine Schüsse ab, / Leise Schüsse übers Grab."

Zurück zu Literatur-Schreibnacht

>


                
                    



                
                
                    



                
            </div>

        

<!--TYPO3SEARCH_end--><footer id=© 2024 by Michaela Didyk · Seite drucken