Gedichte mit Blitz und Donner

"An ferne Berge schlug die Donnerkeulen / Ein rasch verrauschtes Nachmittaggewitter." (Detlev von Liliencron)

Schreibnacht online | 26. August 2021

Vom "Gewitter der Rosen" spricht Ingeborg Bachmann, genauso vom "Donner des Laubs“. Blitz und Donner im Mai bringen bei Marie Luise Kaschnitz den "Tulpentod", während üppige Fliederbüsche wie "tiefviolette Gewitterwolken" ganze Dörfer zu verschlucken scheinen.

Gefahr droht, wenn sich, vom Blitz verursacht, "gelbe Risse" im Tonkrug als Sinnbild für das Menschenleben zeigen: Christine Lavant erhebt so ihre lyrische Anklage gegen Gottvater und räsoniert über den Sinn des Daseins. "Im Gewitter spricht der Gott", heißt es auch bei Friedrich Hölderlin. Die Herausforderung, als Dichter diese Sprache den Sterblichen näher zu bringen, kann kaum gelingen.

Blitz und Donner - eine Bildsprache für sich

Blitz und Donner werden lyrisch schnell zum Bild eines unerwartet herausfordernden und überwältigenden Ereignisses. So veranschaulichen Blitze in Franz Josef Czernins zyklischer Dichtung "elemente, sonette" die Auflösung des lyrischen Ich und seinen Übergang in sphärische Dimension. Dem Feuer zugeordnet, läutern, ja erfassen Blitze das Ich zunehmend von Sonett zu Sonett: "dies blitzt mir auf, da ein- vom scheitel es, herzschlägt / zur wurzel, zündet züngelnd, spaltet, vielfach facht“.

Bei Friederike Mayröcker sind "wetterleuchtende Stimmen" aus der Traumebene zu vernehmen. In einem anderen Text der Dichterin verlangte – beim wuchtigen Zusammenprall von Sonne und prasselndem Regen – das "Musikgewitter" eigentlich, "ganz rasch alle Fenster zu schlieszen".

Die Personalisierung der Naturgewalten

Doch die Lyrik geht andere Wege und öffnet dem Gewitter gerade weite Gedankenräume. Selbst idyllisch angelegte Naturbilder lassen die himmlische Macht spüren, denen die Menschen ausgeliefert sind. Die "Donnerkeulen" in Detlev von Liliencrons Siziliane beenden jäh die Erntearbeit und treiben "Bauern" und "Schnitter" an, schleunigst von den Feldern zurückzukehren.

Ist hierbei - in der Satzdrehung betont - das "Nachmittaggewitter" schon zum Akteur geworden, so steigert sich diese Personalisierung bei Stefan George zum erbarmungslosen Geschlechterkampf in der Wolkenregion. Im Sturmgebraus legt "der strenge König" seiner wild tobenden "Gattin" strafend die Zügel an. Womöglich kann Nora Bossong diesem Patriarchen eine zeitgemäße Antwort entgegenhalten: "Das Spiel ist abgebrochen. Wie sollen wir / jetzt noch an Märchen glauben? […] das Gewitter / löst sich in Fliegenschwärmen auf."

Poetische Gewitterfronten

Die Wolken der Wasserstoffbombe und die Hinterlassenschaft des Kriegs – in den Versen von Stephan Hermlin wie auch in den folgenden Zeilen von Wolfgang Bächler sind es die vom Menschen ausgehenden Bedrohungen, die das Naturphänomen überlagern: "Die Städte bröckeln noch in den Gewitternächten. / Der Wind weht Asche in den Blütenstaub".

Rolf Bossert erschafft mit extrem gewählten Motiven neue Bilder: "Von dort schlägt / steil runter / die blaue Axt“. Den Donner zu diesem Blitz verursacht ein "galaktisches Backblech".

Auf, Verse mit Blitz und Donner verfasst!

Im Mittelpunkt der Schreibnacht steht die Bildsprache, deren Facetten Sie vom Symbol bis zur Synästhesie ausspielen können. Ob Wintergewitter, Wetterleuchten oder Kugelblitz, ob sogar Theaterdonner oder Gedankenblitz - Sie sind am Donnerstag, den 26. August 2021, ab 19 Uhr herzlich ins Forum eingeladen.

"Das Alphabet der Blitze" zu lernen, ist einem Klagevers Peter Huchels nach nicht zu schaffen. Bleiben Sie jedoch optimistisch! Sich poetischen Gewittern auszusetzen und dabei wenigstens den einen oder anderen Buchstaben zu entziffern, lohnt sich auf jeden Fall.

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