Gedichte rund ums Schenken

"Hochdruck an Weihnachten / gefolgt von einer Tiefdruckrinne" (Erich Puchta)

Schreibnacht online | 26. November 2020

Es gibt Geschenke des Himmels. Ebenso Gaben, vor denen man sich hüten sollte: vor den sprichwörtlichen Geschenken der Danaer beispielsweise oder einer Mogelpackung wie dem Trojanischen Pferd.

Zwischen den beiden Extremen rangieren die kleinen Geschenke: die der Freundschaft dienen, aber auch die Pflicht- und Verlegenheitsgeschenke, meist in letzter Minute besorgt.

Die Kunst des Schenkens

Schenken soll gemeinhin Freude bereiten - der beschenkten Person genauso wie der schenkenden, bestätigt doch ein strahlendes Gesicht, dass ein Herzenswunsch erfüllt ist. Die Überraschung steigert das Glücksgefühl. Schenken setzt voraus, dass man sein Gegenüber wahrnimmt, ihm Aufmerksamkeit widmet und genau darin auch seine Wertschätzung zeigt. Versteht man sich aber tatsächlich darauf, im Innersten des/der Anderen zu lesen? Die Einfühlung birgt Risiken.

Großzügigkeit ist eine weitere Tugend des Schenkens. Dennoch: Wie groß darf oder muss ein Geschenk ausfallen, um nicht zu brüskieren oder gar zu beleidigen. Erzeugt ein zu großspuriges Auftreten das Gefühl von Abhängigkeit und die Verpflichtung zur Gegengabe? Ist sogar ein Hintergedanke im Spiel bis hin zur Bestechung? Oder wird Prestige zur Schau gestellt? Joachim Ringelnatz weiß hierfür Rat: "Sei eingedenk,/ daß dein Geschenk/ du selber bist."

Wie sieht es schließlich mit der Freiwilligkeit des Schenkens aus? Ob die herkömmliche Schachtel mit Pralinen oder die Flasche Wein nicht oft nur notdürftiges Standardpräsent aus Verlegenheit ist? Einer Formalie wird Genüge getan. Bei Wilhelm Busch hegen drei Tanten mit ihrer Geschenkidee dagegen schon boshafte Absicht: "Ich weiß, sie ärgert sich nicht schlecht / Und muss sich auch noch bedanken." Schenken und Beschenktwerden gehen mit Erwartung einher.

Die freiwillige Gabe als Zeichen mitmenschlicher Bindung

Schenken ist soziales Handeln. Es ist eine durch die Jahrtausende kulturell geprägte Geste. Ob in den Gesängen des Homer von Gastgeschenken erzählt wird, ob der römische Grundsatz do, ut des/ ich gebe, damit du gibst vorrangig war, im Mittelalter Mönche zu Almosen aufriefen oder sich der Tausch von Kunstwerken und Pretiosen zu einer Form der Diplomatie entwickelte, die freiwillige Gabe diente dazu, Verbindung zu knüpfen. So geschieht es noch immer.

Jedes Geschenk enthält eine Botschaft und ist von Werten bestimmt. Diese müssen nicht materieller Art sein. Es geht vielmehr um mitmenschliche Anerkennung und Gemeinschaft, für die auch ideelle Gaben wie Zeit, Gespräch und gemeinsame Aktion von Bedeutung sein können. Dass Schenken dennoch häufig in eine Materialschlacht übergeht, ist nicht nur ein Phänomen unserer Zeit. Die Kritik an Luxus und Prunk, am Übermaß von Geschenken zieht sich durch alle Zeiten. Johann Wolfgang Goethes weiser Spruch kennt den Grund: "Vieles/ wünscht sich der Mensch/ und doch/ bedarf er nur wenig."

Auf und die Kunst des Schenkens in Augenschein genommen!

Bis Weihnachten mag es noch eine Weile dauern, auch wenn Lebkuchen, Dominosteine und Spekulatius als Vorboten längst in den Geschäften bereitstehen. Aber um das Fest soll es bei der letzten Donnerstag-Schreibnacht dieses Jahres gar nicht gehen, eher um die Hauptbeschäftigung des Schenkens und Beschenktwerdens, um kleine und große Gaben.

Vielleicht tauchen sogar schon die Ohren des Schokoladehasen unter der Stanniolmütze des Nikolaus auf. Ein Fest jagt das andere. Mit poetischer Weitsicht lässt sich das gelassen nehmen: "Hochdruck an Weihnachten/ gefolgt von einer Tiefdruckrinne", Erich Puchtas Motto gibt viel Spielraum für Außertourliches.

Wenn Sie bei diesem lyrischen Gabenfest am 26. November 2020 dabei sind, freue ich  mich. Sie sind herzlich dazu eingeladen. Auf der Startseite zur Schreibnacht finden Sie noch ergänzende Informationen. Zur direkten Buchung geht es gleich hier:


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