Lyrik, Kunst und Kreativität

Newsletter | Januar 2011

Liebe Leserinnen und Leser,

vor 25 Jahren, am 23. Januar 1986, starb Joseph Beuys. Er provozierte mit seinen Kunstwerken, er war umstritten. Ich erlebte ihn auf der documenta 6, als er die "Honigpumpe am Arbeitsplatz" als soziale Plastik erläuterte. Ich erinnere mich an die Birkenstämme, die in Basel auf dem Museumsboden lagen und mit Filz umwickelt lange vor allen Umweltaktionen auf unseren verletzenden Umgang mit der Natur hinwiesen. Beuys filigrane und schamanisch beseelte Zeichnungen sah ich bei einem Pfingstausflug in die Tübinger Kunsthalle, ein Lichterlebnis, das mich damals sehr beeindruckte.

Inzwischen weiß man, dass ein Teil von Beuys Biografie - seine Heilung durch Tataren beispielsweise - auf Legendenbildung beruht. Die jüngsten Gedenkausstellungen zeigen jedoch, dass die Werke ohne den Bezug auf den Künstler und seine Auftritte einen seltsam sterilen Eindruck hinterlassen. Beuys - Künstler, Aktionist, Performer, Politiker, Hochschullehrer, Schamane in einem - wirkte durch seine Präsenz.

"Jeder Mensch ist ein Künstler"

Mit seinem "erweiterten Kunstbegriff" sah Beuys in jedem Menschen einen Künstler. Das kreative Potenzial müsse nur freigelegt werden. Vielseitig und unermüdlich in seinem Schaffen, war Beuys Pionier. Im Film als historischem Brückenschlag in die 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts bleibt Joseph Beuys in seiner zukunftsweisenden Sicht auf die Kreativität und Eigenverantwortung des Menschen lebendig:
Sehen Sie den Künstler zunächst in einer Diskussion von 1970 oder wie er seine zentrale Idee umfassender Kreativität erläutert.

Für 2011 wünsche ich Ihnen ein Jahr voll Inspiration und Schreiberfolg. Wenn wir uns in einem Kurs oder Coaching treffen, freue ich mich. Im vergangenen Herbst ist in der eXperimente ein Interview erschienen, in dem Sie mehr über meine Ziele und Vorstellungen zur Lyrik erfahren. Die Seiten stehen zusammen mit dem Erfahrungsbericht meiner Stipendiatin Dietlind Frieling in "TextArt" hier zum Lesen bereit.

Herzlich grüßt Sie
Michaela Didyk



Cy Twombly im Museum Brandhorst München - Lyrik trifft Kunst

In Schreibnacht und Themenkurs gibt es online bereits die Begegnung zwischen Malerei, Skulptur und Lyrik. Im neuen Jahr wird nun auch der reale Museumsraum zur Schreibwerkstatt. Am 3. Februar startet mit einer Hommage an Cy Twombly die Reihe "Lyrik trifft Kunst". Der erste Tageskurs findet im Museum Brandhorst in München statt.

Twomblys Bilder gelten in ihrer Leichtigkeit und Transparenz als lyrische Schöpfungen. Der amerikanische Künstler (*1928), der in Lexington (Virginia) und Italien lebt, nimmt direkten Bezug auf die Dichtung. So zitiert er in seinem Werk Verszeilen von Ezra Pound oder Rilke, setzt sich mit Mythen der Antike und der Geschichte des Mittelmeerraumes auseinander.

Gerade in seinem frühen Werk gleichen die schriftartigen Zeichen, die sich ähnlich Graffiti oder dem Gekritzel von Kinderzeichnungen mit Kurven oder Linienknäuel vermischen, einem Seismographen, der die Innenwelt auf das Blatt überträgt. Twombly geht es nicht um entzifferbare Botschaften, sondern um die Geste des Schreibens und die Auseinandersetzung mit Literatur.

Twomblys Blumenbilder und Lepanto-Zyklus als Themen der Museums-Werkstatt

Die Lyrikerin Marion Poschmann (*1969) nimmt in ihrem Gedichtband "Grund zu Schafen" [Amazon-Link] Bezug auf Twomblys Gemälde "Empire of Flora" (1961), das in seiner scheinbaren Monochromie eine Vielzahl an Weißschattierungen enthält: "die inneren Himmel/ blendeten uns".

Die mediterrane Landschaft und deren Lichtverhältnisse inspirieren Cy Twombly, sei es in seinen Blumenbildern oder im zwölfteiligen Lepanto-Zyklus, in dem er eine der blutigsten Seeschlachten - 1571 im Golf von Korinth - in Farbexplosionen und in der Überlagerung von Farbschichten dramatisch verdichtet.

Mit einer Privatführung durch die Twombly-Räume im Museum Brandhorst und mit werkbezogenen Schreibanregungen findet ein spannendes Treffen zwischen Lyrik und Kunst statt. Mit dem folgenden Link erhalten Sie weitere Informationen zum Kunstausflug ins Museum.


E-Mail-Impulse für gute Schreibvorsätze

Das kreative Potenzial freilegen - so lautete die Devise von Joseph Beuys. Die Umsetzung von Ideen und die Herausforderungen, die aus der konkreten Arbeit entstehen, schaffen den reichen Erfahrungsschatz, der zu einer Meisterschaft gehört. Motivation, Raum und Zeit sind wichtige Faktoren, um die Fähigkeiten stetig auszubauen und zu verfeinern.

Damit Sie Ihre zum Jahresanfang vorgenommenen Ziele - mehr und regelmäßig zu schreiben - leichter erreichen, stehen Ihnen im Lyrik-Programm die E-Mail-Impulse neu zur Verfügung. Ein Gedicht pro Woche - mit oder ohne Lektorat zu buchen - erinnert Sie auf die Dauer eines Quartals jeden Donnerstag an Ihre Schreibvorsätze. Ein weiterer Effekt, den die E-Mail Impulse mit sich bringen: Sie kommen durch die unterschiedlichen Vorschläge in neue Schreibbahnen. Auf zu neuen Ufern also! Hier geht es zu den Anmelde-Details.


Werkstätten und Online-Kurse für Januar & Februar 2011


Das Sonett - auch nach 800 Jahren noch aktuell

"Fremdwörterbuchsonette" [Amazon-Link] lautet der Titel von Ann Cottens (*1982) erstem Gedichtband aus dem Jahr 2007. Die bekannte Sonettform in der Kombination von je zwei Quartetten und Terzetten ist variiert: Anstatt der gewohnten 14 Zeilen schreibt die Lyrikerin aus Iowa, die in Berlin lebt, gleichsam "zwei Sonette" in unmittelbarer Abfolge, einmal nur in vierzeiligen Strophen, dann wieder mit dreizeiligen durchmischt, die Reime freier gesetzt - eine spannende Lektüre vor dem Hintergrund einer 800-jährigen Sonett-Tradition.

Der Erfolgskurs des Sonetts und eine Menge Fragen zur Form

Um 1230 am Hof des Stauferkaisers Friedrich II. in Sizilien erfunden, verbreitete sich das Sonett durch ganz Europa und darüber hinaus. In 18 Kapiteln nimmt der zweite E-Mail-Kurs Bezug auf wichtige Stationen in der Geschichte des Sonetts: Hat die Erfindung der Form in ihrer ursprünglich exakten Silben- und Zeilenanzahl mit der Quadratur des Kreises zu tun? Wie verflechten sich die Reime, was führt in Frankreich - und dann in der Übernahme - beim deutschen Barock zum Alexandrinervers, wie kommt es zur Sentenz im Shakespeare-Sonett? Was ist ein Schweifsonett, ein Klinggedicht?

August Wilhelm Schlegel, der um 1800 das Sonett der italienischen Vorlage anpasste und das damals zur bloß technischen Formerfüllung geronnene "Sonettieren" erneuerte, schrieb täglich ein Sonett und kam an tausend Texte, die er allerdings nie veröffentlichte.

Ein neuer Zugang zu Quartett und Terzett anstelle der starren Thesen-Formel

Geht es jedoch im Aufbau einer Sonett-Aussage wirklich um die Schlagworte These, Antithese und Synthese? Gibt es nicht noch einen anderen Zugang, um den Sprung von den beiden Quartetten zu den Terzetten zu verstehen? Wie lassen sich "bouts rimés" für das Sonett nutzen? Was hat es mit den experimentellen Sonetten des 20. Jahrhunderts auf sich? 800 Jahre ergeben ein vielschichtiges Gewebe.

Ziel des Sonett-Kurses per E-Mail ist es, aus unterschiedlichen Blickwinkeln ein tieferes Verständnis für die oft als starr erlebte Gedichtform zu vermitteln und die vielfältigen Möglichkeiten einer modernen Verwendung aufzuzeigen. In der Schreibpraxis heißt dies, dass ein fünfzehnteiliger Sonettenkranz entsteht, der mit seinem "Meistersonett" auch ein Meisterstück Ihrer Feil- und Dichtkunst sein wird. Hier finden Sie die weiteren Informationen zum Sonett-Kurs.


Kreativität als Programm

Julia Camerons Bücher "Der Weg des Künstlers" & "Von der Kunst des Schreibens und der spielerischen Freude, Worte fließen zu lassen" [Amazon-Links] gelten als Klassiker, um Kreativität zu steigern.

Die "morning pages", drei Seiten ohne jeden Zensor möglichst gleich nach dem Aufwachen aus der Feder geflossen, sind eine bewährte Methode, sich frei zu schreiben, Ballast abzuwerfen und nach einigen Wochen zu noch brachliegendem Potenzial vorzustoßen. Abends gestellte Fragen finden sich oft als Antworten auf den "Morgenseiten", die innere Stimme lässt sich deutlich(er) vernehmen. Neue Themen und Perspektiven gewinnen Raum. Allein diese Erfolgsaussicht in Camerons Konzept lohnt, sich für einige Wochen diszipliniert auf die von ihr vorgeschlagene Schreibpraxis einzulassen.

Heike Thormanns Website voll kreativer Tipps

Der Förderung von Kreativität hat sich auch die Autorin und Trainerin Heike Thormann verschrieben. Sie finden bei ihr nicht nur eine zusammengefasste Anleitung zu den "Morgenseiten", sondern eine Fülle von Artikeln und Informationen, die Sie für Ihren Alltag gewinnbringend umsetzen können. Wer über das lyrische Schreiben hinaus Motivationsschübe oder Blockadelöser braucht, sollte also auf Heike Thormanns Website schmökern und ihr breit angelegtes Angebot einschließlich Downloads nutzen.


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