Lyrische Landkarten oder Literaturlandschaften für neue Ziele

Newsletter Nr. 40 | Oktober 2014

Liebe Leserinnen und Leser,

auch nach dem Urlaub ist der Reisehunger oft nicht gestillt. Können vielleicht Literaturlandschaften zu weiterem Aufbruch verführen? Wer eine Nomadenseele wie ich hat, findet auch im Alltag Wege, Neuland zu entdecken. Auf literarischen Reisen gilt das sogar für manche Textstellen, die sonst verborgen blieben.

Im Herbst und Winter verlocken in unseren Breiten vor allem Städte, ihre Museen und Cafés bieten Zuflucht. Manche Orte sind bei mir zu festen Stationen geworden: Salzburg natürlich als frühere Wahlheimat, Wien und Venedig, wo inzwischen auch  einige meiner Lyrik- und Lesungs-Werkstätten stattfinden. Ausflüge und Städtetouren, ob nun  - für die Lektüre oder fürs Schreiben -  stehen im Mittelpunkt dieses Newsletters.

Viel Spaß beim Lesen wünscht
Michaela Didyk



Auch ich in Arkadien! - Literaturlandschaften voll Sehnsucht

1787 porträtierte Johann Heinrich Wilhelm Tischbein Johann Wolfgang Goethe auf seiner Italienreise. Das bekannte Bildnis "Goethe in der Campagna" entstand. Der Dichter hatte Ende 1786 Rom, die Stadt seiner  "Wiedergeburt", erreicht.

Mit seinen Reiseaufzeichnungen und dem Vergleich zwischen Italien und Deutschland prägte Goethe maßgeblich das Nord-Süd-Bild, das uns immer noch leitet. Hier der düstere Himmel, die nüchterne und distanzierte, pflichtbewusste Haltung der Menschen, dort das lebensfrohe "dolce far niente", das Nichtstun im Sonnenschein, das trotzdem in aller kulturellen Fülle den Geist nährt.

Italien als ideale Landschaft

Italien wird zum Sehnsuchtsland, die Landschaft bildet den idealen Roman-Hintergrund - beispielsweise in Joseph von Eichendorffs "Taugenichts". Hier können Künstler auf ihren "Wanderjahren" frei vom Philistertum ihre Bestimmung finden. Selbst die zeitgenössische Dichtung setzt noch auf Italien: "Wirklich, ich fühle mich / hier deutlicher zuhause." (Rainer Malkowski)

Machen Sie sich mit auf in den lichten Süden? Die virtuelle "Reisegruppe" trifft sich in der online-Schreibnacht am 25. November, ab 19 bis 23 Uhr, um auf poetischer Wanderschaft ein eigenes Italien-Bild auszumalen.

Lyrik-Schreibnacht online: Italienische Reisen


Lesend und schreibend auf poetischer Städtetour

Quer durchs Land oder über Kontinente hinweg - mit entsprechender Lektüre lassen sich Grenzen schnell vergessen und entfernte Ziele erreichen.

"Deutsche Städte" [Amazon-Link] versammelt auf einer lyrischen Landkarte knapp 120 Gedichte über Orte in Deutschland, so dass Sie die Republik von Nieblum bis Passau oder von Duisburg bis Beeskow in allen Himmelsrichtungen kennenlernen können. Ob Christian Morgenstern oder Reiner Kunze, ob Wolf Biermann oder Richard Pietraß - genauso vielfältig wie ihre Stadtbilder sind auch die Lyriker/innen, die in den Leserblick rücken.

Wer lieber größere Distanzen zurücklegt und vielleicht kurz auch in Manhattan Station machen will, findet im von Waltraud Wende zusammengestellten Band "Großstadtlyrik" [Amazon-Link] noch mehr Auswahl, um die Reiselust zu stillen. In dieser Anthologie erhalten Sie jedoch vor allem zur Großstadtlyrik als eigenem Genre Zugang. Der Erfahrungsraum des modernen Menschen, die soziologischen und gesellschaftskritischen Untertöne werden in der umfangreichen Textsammlung deutlich.

In Literaturlandschaften Formen literarischen Schreibens erproben

Wenn schließlich die Lektüre nicht nur aufs (mentale) Reisen, sondern auch aufs Schreiben Lust macht? Auch hierfür gibt es Inspiration. Hanns-Josef Ortheils "Schreiben auf Reisen" [Amazon-Link] eröffnet spannende Perspektiven. Was sich bei einem Spaziergang und beim Flanieren an Beobachtung in Worte fassen lässt, muss nicht unbedingt nur im Außen geschehen. Als "Aufwärmübung" empfiehlt der Autor eine "Reise um das eigene Zimmer", eine literarische Form, die auf Xavier de Maistre zurückgeht. Dieser hatte mit seinem 1795 anonym erschienenen Text den "eigenen Kontinent des privaten, intimen Lebens" erforscht.

Der Streifzug Ortheils reicht weit: Von den verschiedenen Formen des Reisetagebuchs, von Kunstreisen bis zum ethnologischen Blickwinkel, von der Ansichtskarte über den Reisebrief zu SMS und Blog, vom Reisebericht über die Erzählung zum Reiseroman geht es die Stufen hinauf zu zunehmend komplexeren Textsorten. In Theorie und Praxis erhält man aus Ortheils Band wertvolles Rüstzeug, um auch für die Abenteuer im "Sprachland" gut versorgt zu sein.


Mit Leib und Seele dichten - Lyrik-Werkstatt in Venedig

Wie verhält es sich nun mit dem tatsächlichen Reisen - nicht nur online oder mental, sondern mit Leib und Seele? Am 14. bis 16. November 2014 haben Sie Gelegenheit: Venedig, die vielbesungene Stadt, lädt zur Lyrik-Werkstatt ein. "Wasser und Stein", Venedigs Hauptelemente, stehen als Thema auf dem Plan.

Gerade im Spätherbst, wenn der Touristenstrom abreißt und letzte Sonnenstrahlen noch zu einem Cappuccino im Freien verlocken, zeigt die "Serenissima" ihre versteckten Reize. Nicht der harte, durch die Sommersonne betonte Kontrast von Licht und Schatten dominiert, sondern Zwischentöne klingen an, Farbnuancen wollen entdeckt werden. Der Blick wird genauer, das Hören feiner.

Wie schaukeln die Lichter im Kanal? Wie verzerren die Wellen Umriss und Gestalt? Was spiegelt sich im glänzenden Türknauf? Wie hallen Schritte nach? Woher kommt das Kläffen der Hunde, die selbst unsichtbar bleiben?

Lyrische Reisebilder mit Leben füllen

Motive, immer noch typisch für Venedig, tauchen auf und sind doch lebendiger, da sie aus der eigenen Erfahrung gewonnen werden. Sinneswahrnehmung und Erleben stehen daher bei den "Stadtgedichten Venedig" im Vordergrund. Auf kleineren Rundgängen - geführt und auf "eigene Faust" - sammeln Sie Ihren "Stoff". Mit Schreibimpulsen öffnen Sie neue Sichtweisen. Im Austausch in der kleinen Gruppe feilen Sie an Ihrer lyrischen Sprache und machen sie flexibel für feine Empfindungen und das Atmosphärische der Lagunenstadt. Dem Klischee ist dabei der Kampf angesagt.

Mehr zur Lyrikwerkstatt in Venedig erfahren Sie hier: Stadtgedichte. Venedig - Wasser und Stein


Pläne schmieden für Ihre nächste Literaturreise

Die Reiselust ist in Ihnen erwacht oder noch angestiegen, aber die Zeit fehlt? Schmieden Sie doch einfach Pläne für das kommende Jahr! Mit den Reisevorschlägen aus der Reihe Deutsche Literaturlandschaften - beispielsweise für 2014/15 die Reiseziele aus der Welt der Literatur [Amazon-Link] - sind Sie fürs Wochenende, für einen Kurzurlaub oder für die Ferien gut beraten.

Pro Seite ein Ort, alphabetisch gelistet, geben die Bändchen jeweils Wissenswertes über die einzelnen Reiseziele weiter: Steht auf Schloss Ribbeck wirklich noch Deutschlands bekanntester Birnbaum? Sie finden jeoch auch das Denkmal in Winsen, das an Johann Peter Eckermann erinnert. Er stammte aus dem niedersächsischen Ort.

Der Vertraute Johann Wolfgang Goethes nahm in der Einleitung seiner "Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens" sogar auf seine Geburtsstadt Bezug. Die literarischen "Reiseführer" bleiben über das jährliche Erscheinen hinaus aktuell. Es lohnt sich also, auch die älteren Ausgaben anzuschauen.

Auf der Website des Verlags "Deutsche Literaturlandschaften" erhalten Sie den Überblick über sämtliche Ausgaben und Exkursionen.


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